Mama-Talk: Tatort unbequeme Unterhosen
Der Mama-Talk erzählt Geschichten aus dem Alltag. Geschichten mit Themen, die Du auch kennen könntest. Und er erzählt über den Versuch, respektvolle, gewaltfreie, gleichwertige und konstruktive Lösungen zu finden. Er enthält nur Ideen, es sind keine Rezepte. Denn Rezepte gibt es nicht. Die Welt ist bunt und so sind es auch wir Mamas, die Papas und unsere Kinder. Zum Glück, wenn Ihr mich fragt.
Tatort Unterhosen
Mama Lucia: „Seit einigen Wochen haben wir Zuhause ein neues Thema. Meine Tochter (6 Jahre) hat ein Problem mit ihren Unterhosen. Sie passen ihr nicht, sie zwicken und wir haben immer wieder Diskussionen darüber. Hm. Was denkst Du? Was könnte ich tun?“
Mama Steffi: „Oh das Problem kenne ich, das hatten wir auch. Alle Unterhosen waren meiner Tochter unbequem. Echt zum verzweifeln. Zum Glück ist das Thema jetzt vom Tisch.“
Mama Lucia: „Echt? Und wie lief das bei Euch ab? Was hat geholfen?“
Mama Steffi: „Bei uns hiess es auch immer, dass die Unterhosen unbequem seien und zu klein. Oft gab es deswegen Tränen und Diskussionen. Manchmal auch Streit. Meine Tochter wollte dann sogar ohne Unterhosen aus dem Haus und das fand ich überhaupt nicht lustig. Ich hatte ihr schon 2-3 verschiedene Marken und Grössen gekauft, aber nichts half. Meine Tochter meinte, dass diese Panties eine Lösung sein könnten. Nun war ich mir auch nicht sicher, ob es WIRKLICH um die Unterhosen geht oder ob es eher ein Spiel um meine AUFMERKSAMKEIT geht. Um das heraus zu finden, hatte ich einen Vorschlag. Meine Tochter könnte ja aus ihrem eigenen Geld, sie hat ein Kässeli mit geschenktem Geld, diese „Panties“ Unterhosen kaufen. Ich war erstaunt, als sie einwilligte. Hm, es scheint, dass es tatsächlich ein grosses Problem für sie ist, wenn sie sogar bereit ist, dafür ihr eigenes Geld einzusetzen. So gingen wir bald darauf gemeinsam zum Einkaufen. Oben an der Rolltreppe angekommen, war ein Kleiderständer mit ganz herzigen Röckchen. Diese bestaunte sie und meinte, die seien aber schön. Worauf ich erwiderte, dass sie gerne ihr Geld auch für ein Röckchen einsetzen könne und dafür mit den Unterhosen, die sie zu Hause hat Vorlieb nehme. Sie überlegte kurz und meinte dann, dass das nicht gehe. Sie brauche UNBEDINGT andere Unterhosen. Nun war mir klar, dass es ganz sicher nicht um meine Aufmerksamkeit ging, das konnte ich also ausschliessen. Also kaufte sie von ihrem Geld ein 5-er Pack dieser Panties. Was für ein Glück, dass diese passten und das Thema vom Tisch war. Natürlich habe ich dann noch einige dazu gekauft.“
Mama Lucia: „Oh, klingt toll. Wir haben diese Panties auch schon ausprobiert. Und andere Grössen und andere Marken. Alle sind ihr unbequem. Sie möchte gerne ohne Unterhosen aus dem Haus. Und das hat sie auch schon mehrmals gemacht, denn ich möchte nicht deswegen mit ihr in einen MACHTKAMPF einsteigen. Ich finde es aber nicht gerade toll, dass sie ohne Unterhosen aus dem Haus geht. Und vorallem wenn sie Turnstunde hat, dann möchte ich, dass sie Unterhosen trägt aus Sorge, sie könnte ausgelacht werden. Was könnte ich noch tun?“
Ein spannender Dialog dieser beiden Mamas oder? Beide Mamas hören ihrem Kind zu, sie nehmen es ernst und sie suchen nach möglichen Alternativen.
Das Bedürfnis des Kindes ist:
- Störfreie Kleider anzuhaben. Die Unterhosen zwicken oder engen ein. Sie sind unbequem. Das Kind möchte sich wohl und frei fühlen.
- Es möchte mitbestimmen, wenn es um die eigenen Kleider geht.
Das Bedürfnis der Mama ist:
- Nicht täglich Diskussionen und vielleicht sogar Streit und Machtkämpfe um dieses Thema.
- Hygiene: Die Unterhosen werden täglich gewaschen. Die Hosen drüber nicht.
- Aufwand: Sie könnte ja auch die anderen Hosen täglich waschen. Dafür ist der Aufwand grösser und es sind auch weniger Hosen vorhanden. Möchte sie diese Arbeit auf sich nehmen?
- Schutz: Sie möchte ihr Kind vor möglichem „Ausgelacht werden“ beschützen.
Was könnte diese Mama also tun?
Ich finde, sie hat schon ziemlich viel getan und doch ist noch keine Lösung für das Thema in Sicht. Sie könnte nun noch versuchen, mit ihrer Tochter in den Dialog zu gehen. Natürlich nicht im Affekt, sondern in einem ruhigen Moment. Sie könnte beide Seiten, Bedürfnisse und Standpunkte darlegen. Und bemerken, dass beide Bedürfnisse OK sind. Sie könnte der Tochter sagen, dass sie gerne gemeinsam mit ihr eine Lösung finden möchte. Eine Lösung, mit der sie Beide leben können. Die Diskussion sollte um die Sache gehen und nicht auf der persönlichen Ebene statt finden. Denn Sachprobleme lassen sich immer lösen. Erst wenn Gefühle und Ego im Spiel sind, wird es schwierig. Sie können gemeinsam einen Kompromiss aushandeln und vielleicht finden sie sogar eine Win-Win-Lösung. Das wäre der Jackpot. Und dann könnten sie das gemeinsam besiegeln und mal für eine Woche ausprobieren. Dann wollen sie nochmals darüber sprechen, wie es gelaufen ist.
Das Wichtige bei solchen Lösungsfindungen ist, dass wir wirklich Gleichwertig sind. Dass wir uns bewusst sind, dass es nicht um Recht oder Unrecht geht. Dass es nicht ums Bewerten geht. Oder darum, wessen Bedürfnis wichtiger ist. Wenn wir bei uns bleiben, wirklich sagen, worum es uns geht, dann hören uns die Kinder auch zu. Und wir dürfen auch gerne beim Kind gut zuhören, ob es ihm wirklich um das geht oder ob hier noch etwas Anderes rein spielt. So kann eigentlich nichts schief gehen. Wird keine Lösung gefunden, darf das Thema vertagt werden und nochmals besprochen werden.
Hast Du auch Lust Dich über solche Alltagsthemen auszutauschen, einen Blick von Aussen zu bekommen und mit Gleichgesinnten nach kreativen Lösungen zu suchen? Dann melde Dich doch mal für einen Eltern-Treff hier in Killwangen an. Der nächste Eltern-Treff vom 27.2.2018 steht unter dem Motto „Belohnungen, Lob, Anerkennung und Ermutigung“ (was sind die Unterschiede, was ist förderlich und was nicht). Du magst solche Dinge nicht in Gruppen besprechen oder möchtest noch tiefer in eine Thematik schauen? Dann ist für Dich ein 1:1 Gespräch das Richtige. Ich freue mich auf Deine Kontaktaufnahme.
Du hast weitere Ideen zum Tatort unbequeme Unterhosen? Leg los, schreib sie in die Kommentare.
Herzliche Grüsse
Céline
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