New Week: Anpassung Norm (innerer Konflikt)
Folgendes Bild auf Facebook hat mich zu einigen Gedanken inspiriert….
…Dieser Spruch hat doch was oder? Oftmals, bedeutet „normal sein“, sich der „Norm anpassen“ viel mehr, dass uns der Mut fehlt, voll und ganz zu uns zu stehen.
WIESO????
Weil jeder von uns, bestimmt auch Du, diesen inneren Konflikt kennt.
Auf der einen Seite steht die Norm, die Anpassung.
Auf der anderen Seite steht das ICH, die eigenen Wünsche, die eigenen Bedürfnisse.
Häufig stehen diese beiden Seiten in einem Konflikt miteinander. Das merkst Du vielleicht gar nicht, weil das in Deinen Gedanken und Gefühlen blitzschnell abläuft und somit unbewusst statt findet. Da läuft dieses Abwägen ab. Folge ich hier mir selbst, bin ich ganz ehrlich, mir selbst treu und authentisch oder kommt das vielleicht nicht so gut an beim Gegenüber? Passe ich mich hier lieber der anderen Person oder Gruppe an um gut anzukommen und dazuzugehören? Nicht immer einfach, diese Entscheidungen. Sind doch die persönliche Freiheit und Individualität genauso ein Grundbedürfnis wie das Zugehörigkeitsgefühl.
Beides hat seinen Preis
Passe ich mich an, zahle ich den Preis, dass ich mich selbst dabei übergehe und verleugne. Bin ich mir selbst treu, bezahle ich dafür vielleicht den Preis, dass diese Gruppe von Menschen mich nicht akzeptiert, mich ausschliesst, mich doof findet. Beide Entscheidungen haben also ihren Preis. Und wir können jederzeit selbst entscheiden, welchen Preis wir bereit sind zu zahlen. Ist unser Selbstwert gesund und stabil, dann werden wir uns sowohl als auch entscheiden. Mal fällt die Entscheidung für die Gemeinschaft und mal fällt die Entscheidung für uns selbst. Wäre es immer das Selbst, wären wir wohl eine sehr narzisstische Persönlichkeit. Denn das Leben in der Gemeinschaft erfordert auch hier und dort Anpassung. Und das ist völlig in Ordnung. Wäre die Entscheidung IMMER für die Anpassung, dann sind wir als Mensch für die Umwelt kaum spürbar, unsere Individualität und Freiheit schwindet. Dann sind wir ständig damit beschäftigt, Anderen gefallen zu wollen. Das muss sehr stressig sein und bestimmt reagiert früher oder später auch unser Körper auf diesen Stress.
Bei diesem Konflikt geht es um uns selbst und wir können jeweils neu entscheiden. Diese Vorgänge laufen bei vielen Menschen jedoch unbewusst ab, sie sind sich all dieser Entscheidungen gar nicht bewusst. Sie laufen einfach nach einem Schema, nach Reaktionsmustern, die sie sich meist schon in der frühen Kindheit angeeignet haben (Unser Lebensstil bildet sich bereits in den ersten 6 Lebensjahren). Vielleicht denkst Du jetzt „Ja und, ist ka kein Problem. Wieso soll ich mir über etwas Gedanken machen, das schon immer so war und einfach so ist? Muss ich denn Alles hinterfragen und mir ins Bewusstsein rufen???“ Nein, das MUSST Du selbstverständlich nicht. Das kann so bleiben. Ja kann es wirklich so bleiben? Ich finde…
NEIN! Denn nun sind Deine Kinder mit im Spiel
Und mit Deinen Kindern wird dieser Konflikt auf einmal sichtbar, er wird komplizierter und ist häufig ein Hindernis, ein Stolperstein in Deinem Alltag und in der Beziehung zu Deinem Kind. Hier ein praktische Beispiel:
- Mama ist es wichtig, dass das Kind „anständig“ gekleidet ist. Der Norm entsprechend. Es soll adrett und hübsch aussehen, sauber sein und alles soll schön aufeinander abgestimmt sein.
- Das Kind möchte gerne autonom sein und seine Kleider selbst aussuchen und anziehen. Es will anziehen, was ihm gerade gefällt. Es möchte seinen eigenen Geschmack entwickeln. Es möchte selbst erleben, was sich für die aktuelle Temperatur gerade gut anfühlt.
Hier entstehen im Zuhause von den Müllers regelmässig Machtkämpfe. Anstrengende, nervenaufreibende, kräftezehrende und beziehungsstörende Machtkämpfe. Mutter und Kind finden diese Machtkämpfe alles Andere als lässig und hätten sie gerne nicht mehr.
- Die Mutter findet, das Kind ist schuld an der Situation. Es soll nicht so ein Theater machen. Es soll doch akzeptieren, dass sie als Mama schon weiss, was für das Kind gut ist, was man bei welcher Witterung anzieht, was farblich zusammenpasst und das Kind sollte die Mama als Führungsperson akzeptieren und respektieren.
- Das Kind findet, die Mama ist schuld an der Situation. Es möchte ja lediglich entscheiden, was es anzieht. Autonom, selbst wirksam sein. Na und? Was ist schon dabei? Ist doch sein Körper, ist doch sein Recht. Mama könnte ja mal „chillen“ und sich raus halten.
Schauen wir tiefer und stehen wir in die Schuhe von beiden Parteien, entdecken wir hier ganz viele Gefühle:
- Die Mutter meint es gut mit ihrer Tochter. Sie hat gelernt, dass „Kleider Leute machen“. Sie möchte ihrer Tochter also beibringen, wie sie dieses Tool positiv für sich nutzt. Sie möchte, dass ihre Tochter gut ankommt und damit bei vielen Menschen beliebt ist. Somit erfährt ihre Tochter Wertschätzung, Anerkennung und sie erfährt Zugehörigkeit. Und da ja häufig von den Kindern auf die Mütter geschlossen wird, fallen all diese positiven Dinge auch wieder auf sie zurück. Klappt das also nicht, entstehen bei der Mutter Ängste. Was könnten die Leute über mich als Mutter denken? Habe ich mein Kind nicht im Griff? Bin ich eine schlechte Mutter? Lasse ich mein Kind „verlumpen und verwahrlosen“?
- Die Tochter meint es gut mit sich selbst. Sie hat das Bedürfnis nach Autonomie. Sie möchte lernen selber entscheiden zu können. Sie möchte ihren eigenen Geschmack entwickeln. Sie möchte frei und selbst bestimmt sein. Sie fühlt sich vielleicht auch „entmachtet“ und entmutigt, durch das viele Einwirken der Mutter in diesem Thema. Das macht sie traurig. Oder in diesem Fall wütend. Deshalb die Machtkämpfe. Ihre Wut ist aus ihrer Sicht völlig berechtigt. Die Wut sagt „das ist nicht richtig“. Sie dient dazu, für die eigene Grenze einzustehen. Sie ist also eine äusserst wichtige und wertvolle Energie. (Mehr zum Thema eigene Erfahrungen sammeln und warum es die unterste Stufe des Lernbergs nach Vera F. Birkenbihl ist, erfährst Du hier.)
Beide Seiten, beide Ansichten haben Berechtigung!
Wenn Du in die Schuhe von beiden Parteien stehst. Kannst Du dann beide Seiten sehen? Alle Bedürfnisse erkennen? Und siehst Du, wie der innere Konflikt auf einmal viel komplizierter wird? Die Mutter ist vielleicht bereit, sich in vielen Situationen in der Kleidung der Norm oder den Vorschriften anzupassen, auch wenn sie für sich selbst lieber andere Kleidung anhätte. Sie bezahlt den Preis der Individualität in diesem Thema um Zugehörigkeit zu erlangen. Ihre Tochter hat eine andere Ansicht. Ihre Tochter entscheidet sich für die Individualität. Das heisst, sie ist sich wohl oft auch den möglichen Folgen nicht bewusst, da ihr diese Erfahrung noch fehlt. Hätte die Mutter keinen inneren Konflikt in diesem Thema, gäbe es diesbezüglich keine Machtkämpfe Zuhause. Es wäre schlicht und einfach KEIN THEMA. Der Mutter wird also der eigene Konflikt gespiegelt. Erkennt sie den eigenen Konflikt, wird sie sich der unbewussten Vorgänge bewusst, hat sie den Ausweg gefunden.
Was jetzt? Der Ausweg
Die Mutter könnte der Tochter mitteilen, worum es ihr WIRKLICH geht. Anstatt über die Wahl der Kleider zu streiten, könnte sie der Tochter ihre Befürchtungen mitteilen. Was ist ihre Angst? Warum ist es ihr wichtig? Damit hätte sie die grösste Chance, dass die Liebesbotschaft bei ihrer Tochter ankommt. Sie sollte sich jedoch bewusst sein, dass dies nicht zur Manipulation eingesetzt wird. Nach der Liebesbotschaft der Mutter entscheidet die Tochter für sich selbst. Sie möchte ihre eigenen Erfahrungen machen. Sie möchte selber über ihren Körper bestimmen. Und das hat wirklich Alles seine Richtigkeit. Mit diesem ehrlichen Gespräch schaffen die Beiden eine Basis, ein Band, sie stellen die Beziehung her. Und diese ist das Fundament für alle gemeinschaftlichen Lösungen. Wir sind gleichwertig und wir schauen, dass alle Bedürfnisse ihren Platz finden. Vielleicht können sie nun auch Deals zusammen aushandeln. Deals wie z.B. –> an diesen Tagen darfst Du selber entscheiden, doch an Familienfeiern entscheidet die Mama mit. Oder auf den Spielplatz entscheidet das Kind selbst, für in den Wald entscheidet die Mama (Zecken, Kratzschutz etc.). Oder die Mama entscheidet die Länge (es ist kalt = bedeckte Beine), das Kind die Zusammenstellung (Rock mit Leggins, Stumpfhosen oder Hosen).
Die Mutter könnte sich auch fragen, ob die Kleidung denn wirklich ausschlaggebend ist, um dazuzugehören. Oder hat sie da einen alten Glaubenssatz von ihren eigenen Eltern unreflektiert übernommen? Passt dieser überhaupt noch zu ihr? Fühlt sich dieser Glaubenssatz noch stimmig an oder möchte sie vielleicht daran arbeiten, dass sie diesen gehen lassen kann? Weil er ihr zu oft im Weg steht und er sich als lästige Krücke am Bein anfühlt? Wenn die Mutter sich für diesen Weg entscheidet, dann möchte sie dabei vielleicht etwas Begleitung. Sie könnte sich dafür einen passenden Coach suchen, z.B. bei mir. Denn hier findet Persönlichkeitsarbeit, echtes Wachstum und manchmal auch Heilung statt. Für diese wertvollen Prozesse dürfen wir uns Wegbegleiter an die Hand nehmen.
Schau Dir das Bild nochmals genau an
Egal wie Du Dich entscheidest – sobald Du BEWUSST entscheidest, zeigst Du Courage. Deshalb meine Idee für Deine nächste Woche. Wo hast Du innere Konflikte die sich im Aussen (auf die Beziehung mit Deinen Kindern, Partner, Freundin, Eltern, Geschwister etc.) zeigen? Wie sehen diese inneren Konflikte aus?
- Das Bewusstwerden dessen was ist, das ist der 1. Schritt (übrigens Teil der Achtsamkeit), er ist unabdingbar für Veränderung.
- Übernimm die Verantwortung für Deine Gefühle (Angst, Wut, Trauer, Scham, Schuld, Freude etc.) und Bedürfnisse. Es sind die Deinen, wenn es etwas mit Dir macht, in Dir auslöst.
- Teile Deine wirklichen Gefühle und Bedürfnisse mit. Ehrlich, offen, frei. Damit schaffst Du Beziehung und Du stehst für Dich und Deinen Raum ein.
- Sucht Win-Win-Lösungen, Deals, die für alle Parteien passen.
Ready für eine New Week? Bemerkungen, Fragen, Kommentare oder Daumen hoch oder runter? Lass es mich wissen. Ich freue mich über Alles.
Herzliche Grüsse
Céline
Quelle: Samuel Schürer (Individualpsychologischer Berater/SGIPA) hat mir diesen inneren Konflikt bildlich vor einigen Jahren so aufgezeigt. Darum gehört er hier in die Quellenangabe.
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