Wut

Und wieder das Thema Wut

In einem Chat machte sich eine Mutter Luft, dass sich Alltagssituationen hochgeschaukelt haben, sie wütend geworden ist und ihr dann irgendwann „der Kragen geplatzt“ ist und sie ihr Kind anschrie. Sie fühlt sich jetzt schuldig deswegen.

Einige Konversation folgte auf diesen Post und irgendwann fragte eine Mutter, ich nenne sie hier Sara: „Hm, ich muss zugeben, dass ich wenig Vorstellung davon habe, wie man negative Gefühle artgerecht vorleben soll. Lieber verbergen und mit dem Lebensalter des Kindes steigern oder von Anfang an zeigen?“

Meine Antwort darauf: „Liebe Sara, da bist Du nicht alleine. Wer von uns hat schon früh gelernt, mit Gefühlen umzugehen? Da können unsere Eltern nichts dafür, sie hatten andere Aufgaben zu bewältigen. Verbergen ist nicht sinnvoll, die Antennen unserer Kinder fühlen gnadenlos Alles. Darum nützt es auch nicht, freundlich zu sein, wenns nicht authentisch ist. Also besser früher sagen, bevor der Vulkan explodiert: ‚Ich bin gerade echt wütend. Und jetzt möchte ich mich zu allererst um meine Wut kümmern. Dann bin ich wieder für Dich da.‘ Und dann kümmerst Du Dich um Deine Wut. Dafür gibt es unzählige Strategien, was Dir in diesem Moment eben hilft. Atmen, innerlich bis 10 zählen, innerlich dem Gegenüber alles vorwerfen was es vorzuwerfen gibt, meditieren, einen Ball ans Garagentor tschutten, joggen, in den Boden stampfen, in einen Boxsack boxen, auf ein Kissen einprügeln, ins Kissen schreien, etc. Die Haltung soll nicht sein, die Wut jetzt weg zu machen, sondern sie Willkommen zu heissen. Erst wenn sie gesehen wurde, die Wut ihre ‚Botschaft‘ überbringen konnte, dann zieht sie weiter. sie ist ein Geschenk des Selbstschutzes, ein Teil der Selbstliebe. Dummerweise haben Menschen irgendwann eine negative Bewertung der Wut auferlegt. Die Wut ist OK. Gewalt nicht, damit projizieren wir die Wut auf Andere und verletzen sie, um uns von unserem Gefühl abzuwenden“.

Mit unseren Kindern begegnen wir dem Thema Wut oft nochmals ganz anders. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich, bevor ich Mutter wurde, jemals so wütend geworden bin. Dass mein Gehirn sogar für den Bruchteil von Sekunden ausfällt, ich quasi austicke. Und warum kommen wir mit unseren kleinen Kindern an diese Grenze? Weil sie oftmals wirklich Grenzen überschreiten. Nicht wissentlich, nicht willentlich und schon gar nicht absichtlich. Nein, einfach weil sie sich noch nicht in andere Menschen hinein versetzen können (rein kognitiv). Weil ihr Entdeckungsdrang so gross ist. Weil sie Ursache und Wirkung erforschen und weil sie die Grenzen Anderer noch nicht kennengelernt haben. Aber diese Grenzen existieren. Sie sind nicht bei jedem gleich ausgeprägt, aber jeder hat sie. Seine wunden Punkte, seine heiligen Kühe, seine Oasen nur für sich selbst. Und wenn unsere Kinder genau in diese tappen und alles bitten und nett sagen nichts nützt, dann kann schon mal die Wut Überhand nehmen. Das ist ja auch völlig OK, denn die Wut dient eben zum Selbstschutz und sie schützt uns hier, weil eine uns so lebensnotwendige und wichtige Grenze (Du kannst es auch Raum nennen), überschritten wird. Zum Glück also schützt diese Wut unseren persönlichen Raum, unsere Integrität, unser Wesen, unsere Seele und dient somit zu unserer Selbstliebe! Danke Wut, dass es dich gibt, dass du mich schützt!

Gewaltfreie Wege zu finden, sie zu trainieren und das Gefühl weiter fliessen zu lassen, dafür ist einiges an Training nötig. Das geht nicht von heute auf morgen, sowie ein Leistungssportler auch nicht von heute auf morgen ein Profi ist. Ich trainiere, mit Vollgas und ich konnte schon unheimlich viel erreichen. Manchmal falle ich ein paar Schritte zurück. Das ist auch OK, dann bin ich versöhnlich und besonders liebevoll mit mir. Und ich übe weiter, denn tief in mir drinnen weiss ich, dass sich dieses Training lohnt.

„Unser Weg ist zum Gehen da“! (gehört von Katharina Johner)

Herzliche Grüsse

Céline

Ps: Mehr dazu findest Du auch in diesem Blog-Artikel: https://elternkind.ch/wenn-mama-schreit/. Gute Bücher für das Thema mit Kindern sind „Wohin mit meiner Wut“ von Dagmar Geisler und „Kleines Müffelmonster ganz gross“ von Julia Boehme. Mehr Inspiration vom Umgang mit Gefühlen finde ich selbst jeweils über die Podcasts von Humanessence und Peter Beer. Und natürlich lernst Du super viel über das Thema in meinem Themenabend „Wut braucht Mut“, hier in Killwangen. Aktuelle Daten findest Du unter: https://elternkind.ch/angebot/.

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